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Diabetes Initiative Österreich
Diabetes im Zentrum 8. Oktober 2019

Gesundheitskommunikation und mediale Aufklärung – Warum bewegen unsere Botschaften nicht(s)?

Welche Werte könnten Menschen mit Diabetes zu einer langfristigen Verhaltensänderung bewegen?

Im zweiten Teil der Diskussion über effizientere Kommunikationsstrategien zum Thema Lebensstil und Diabetesprävention kamen die Marketing-Experten zu Wort. Sie forderten strategische Grundlagenarbeit ein und hier vor allem eine klare Definition der Ziele und der Zielgruppen allfälliger Maßnahmen. Inhaltlich und sprachlich soll die Kommunikation an den Menschen ausgerichtet werden, die zur Verhaltensänderung bewegt werden sollen.

Teilnehmer (in alphabetischer Reihenfolge):
  • Dr. Michael Demel, Novo Nordisk
  • Prim. Dr. Claudia Francesconi, Sonderkrankenanstalt Rehabilitationszentrum Alland; Generalsekretärin DIÖ
  • Mag. Wolfgang Maierhofer, MedMedia und Ärzte Krone Verlag
  • Falko Mätzler, Büro für Werbung, Wien
  • Doris Prodinger, ProSiebenSat.1 PULS 4 Group, Wien
  • Mag. Sabina Schaffer, Reichl & Partner
  • Prim. Dr. Christian Schelkshorn, Landesklinikum Korneuburg-Stockerau
  • Wolfgang Schiefer, ATV Aktuell, Wien
  • Mag. Karoline Sindelar, Apothekerin und Gesundheitsjournalistin, Wien
  • Elisabeth Stipsits-Braunschmid, AstraZeneca Österreich GmbH, Wien
  • Dr. Christian Tatschl, Arzt und Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision
  • Univ.-Prof. Dr. Thomas C. Wascher, Hanusch-Krankenhaus; Präsident DIÖ

Moderation:
Karin Duderstadt, big5health, Wien


Im März 2019 diskutierte eine Runde von Gesundheits- und Medienexperten darüber, welche Faktoren über den Erfolg von medialer Aufklärungsarbeit entscheiden und wie die Effizienz der Gesundheitskommunikation zum Thema Lebensstil und Diabetesprävention verbessert werden kann. Angesichts der zahlreichen Zielgruppen mit jeweils spezifischen Lebenswelten, Gesundheitsbedürfnissen und Wertehierarchien stellt sich die Frage, mit welchen Inhalten und Strategien mediale Aufklärung zur Vorbeugung von Typ-2-Diabetes und zur Verbesserung der Selbstmanagement-Kompetenz von Menschen mit Diabetes erfolgreich sein kann.

Eine wesentliche Schlussfolgerung der Diskussion: Mediale Aufklärung sollte sich die Erfahrungen der Produktwerbung und des Social Marketing zunutze machen und stärker auf emotionale Werte setzen. Aber lässt sich „Gesundheit“ als Produkt darstellen und vermarkten? Wie lassen sich die Mechanismen der klassischen Produktwerbung auf Gesundheitskampagnen, vor allem auch im Kontext der Prävention lebensstilassoziierter Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, übertragen? Und wie können nüchterne Daten und Fakten emotional so besetzt werden, dass die abstrakten Risiken und Benefits der Lebensführung für die einzelnen Menschen Relevanz gewinnen?

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, hat die Diabetes Initiative Österreich (DIÖ) noch einmal zu „Diabetes im Zentrum“ geladen und die ursprüngliche Diskussionsrunde um Experten aus der medizinischen Fachkommunikation, des Fernsehens und des kommerziellen Marketings erweitert. Repräsentative Diskussionsbeiträge, die die unterschiedlichen Zugänge und Sichtweisen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Thema illustrieren, sind im Folgenden zusammengefasst. 

Über welche Werte können Menschen zu einem „gesünderen Lebensstil“ motiviert werden?
Word Cloud von Ergebnissen der Diskussion im Rahmen von „Diabetes im Zentrum“ am 8. Oktober 2019

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Grundlagen der Kommunikationsarbeit
Mag. Sabina Schaffer

Basis jeder Kommunikationsarbeit ist es zu definieren, wen ich ansprechen will. Welche Bedürfnisse, Anliegen, Wertvorstellungen, Motivationen, Möglichkeiten etc. haben die Menschen, die ich erreichen will? Nur dann kann ich die richtigen Worte und Bilder finden. Eine hochdiverse Zielgruppe wie "die Menschen mit Diabetes in Österreich“ kann man nicht effizient adressieren. Man muss segmentieren, Untergruppen priorisieren und die Zielgruppe schrittweise immer feiner definieren, damit man die Botschaften entsprechend zuspitzen kann. Je mehr Zielgruppen man erreichen will, desto mehr Power und Ressourcen sind notwendig.

Konzepte der Konsumwerbung auf Gesundheitskampagnen nicht ohne weiteres anwendbar
Falko Mätzler

Es geht auch in der Gesundheitskommunikation nicht ohne strategische Grundlagenarbeit. Man muss klar definieren:

  • Wen will ich ansprechen, welche Zielgruppe ist mir am wichtigsten? Spreche ich mit Menschen, die an Diabetes erkranken könnten, oder mit Menschen, die Diabetes haben, oder mit Menschen, bei denen die Folgen der Erkrankung schon offensichtlich sind? Auch innerhalb dieser Gruppen gibt es Unterschiede im Alter, im Bildungsstand, im Einkommen etc. Natürlich hören alle Gruppen mit, aber ich brauche ein Target, auf das ich abziele. Auch Sprache und Tonalität der Botschaft müssen an die Zielgruppe angepasst werden.
  • Was will ich mit meiner Maßnahme erreichen? Welche Form von Kommunikation ist realistisch?
  • Und schließlich: Was kann ich mir leisten? Jede Informationskampagne muss auch die klassischen Kanäle bedienen. Das kostet Geld, und man muss sich überlegen, wie man seine Mittel einsetzt.

Konzepte aus der Konsumwerbung zu übernehmen (als Beispiel: Werbung für Soft Drinks), ist nicht zielführend. die beiden Kommunikationsfelder sind in mehrfacher Hinsicht nicht vergleichbar:

  • Große Marken wie Coca-Cola haben aufgrund jahrzehntelanger massiver Werbeaktivitäten einen Bekanntheitsgrad in der Nähe von 100 Prozent. Praktisch jeder hat Coca-Cola schon getrunken. Wir können aber nicht davon ausgehen, dass jeder Mensch eine konkrete, objektive Vorstellung von Gesundheit oder gesunder Lebensführung hat.
  • In der klassischen Produktwerbung für Soft Drinks steckt ungeheure Medienpower, die Gesundheitskampagnen in aller Regel nicht zur Verfügung haben.
  • Die mediale Kommunikation setzt sich in vielen Lebensbereichen, nicht zuletzt am Point of Sale im Supermarkt, fort.
  • Der Konsument bekommt für sein Geld ein greifbares Produkt. Die „Belohnung“ für das Motivationssystem ist unmittelbar spürbar, wenn der Zucker einfährt – unabhängig vom Lifestyle-Aspekt, der mit der Werbung transportiert wird.


Relevanz der Botschaft entscheidet über Kommunikationserfolg

Mag. Wolfgang Maierhofer

Die Frage „Warum bewegen unsere Botschaften nicht?“ ist nicht richtig gestellt. Vielmehr müssen wir uns fragen: Sind unsere Kommunikationsziele richtig definiert, sind unsere Erwartungen richtig eingeordnet? In einer Welt der enormen Informationsüberlastung kommen wir mit unseren Botschaften nur durch, wenn die Rezipienten davon direkt oder indirekt betroffen sind und einen Nutzen von unseren Botschaften haben.

Die Kommunikationsbedingungen sind heute einfach viel komplexer geworden. Die Zielgruppen werden immer heterogener und sie verändern sich ständig. Wenn wir mit einer Botschaft durchdringen wollen, müssen wir genau definieren, wen wir wann, wo, wie und vor allem mit welchem Nutzen erreichen wollen. Genauso entscheidend wie die Botschaften sind heute auch die Kanäle, mit denen wir unsere Zielgruppen ansprechen müssen. Der ausschließliche Fokus auf digitale Kommunikationskanäle, auf Print oder TV und Hörfunk, Direktmail oder Social Media greift zu kurz, weil für erfolgreiche Kampagnen alle Kanäle, richtig aufeinander abgestimmt, genutzt werden müssen. Die Zielgruppen sind exakt zu definieren und diese mit maßgeschneiderten Kommunikationsstrategien abzuholen.

Von den Antiraucherkampagnen wissen wir: Es ist nahezu aussichtslos, einen konsonanten Raucher zum Aufhören zu bewegen. Diese können maximal für ein leicht geändertes Rauchverhalten wie Reduktionskonzepte oder rauchfreie Zonen gewonnen werden. Sind Raucher jedoch mit ihrem Rauchverhalten unzufrieden, also dissonant, dann gelingt es sehr wohl, sie beim Ausstieg zu begleiten und erfolgreich die Sucht zu besiegen.

Ein Schlüsselbegriff ist die Relevanz: Je relevanter eine Botschaft für den Empfänger, desto leichter wird sie angenommen. Beispielsweise kann es für einen Vater relevant sein, sich gesünder zu ernähren, damit er seine Kinder auf- wachsen sieht, während der Hinweis auf seinen Bauchumfang ins Leere zielt. Wir müssen uns also überlegen: Wen wollen wir ansprechen, sind unsere Botschaften für die Adressaten relevant und bieten sie einen nachvollziehbaren Nutzen? – Nur dann können die Botschaften etwas bewegen. Auch für Kommunikation mit Menschen mit Diabetes gilt: Welche Botschaften sind für welche Untergruppe so relevant, dass sie eine Verhaltensänderung oder zumindest die Bereitschaft zur Verhaltensänderung hervorrufen können. Über digitale Kanäle können wir relativ kleine Zielgruppen mit gut definierten Merkmalen ansprechen und über das Feedback sogar die Effektivität der Kommunikation beurteilen.
Was uns auch zugute kommt: Gesundheit ist ein Megatrend, der sich durch alle Lebensbereiche zieht. Allerdings ist der Begriff „Gesundheit“ kontextabhängig und im medizinischen Kontext vollkommen anders besetzt als zum Beispiel in der klassischen Konsumwerbung (Nahrungsmittel, Kosmetika, Reisen etc.), die „Gesundheit“ primär mit Vitalität, sozialer Interaktion und Lebensfreude assoziiert. Die Botschaft trifft also auf andere Bedürfnisse und andere Erwartungen und hat eine andere Relevanz im Kontext des Arzt-Patienten-Gesprächs.

Individuelle Gesundheitsziele definieren
Mag. Sabina Schaffer

Den Erfolg einer Gesundheitskampagne im Sinne einer Verhaltensänderung von bestimmten Bevölkerungsgruppen kann man nicht sicher vorhersagen. Wir wissen, dass Emotionen eine Rolle spielen und dass man an den Punkten ansetzen muss, die die Menschen berühren. Aber der Schritt zum „Ich tu dann auch etwas“ ist immer schwierig.
Eine grundsätzliche Frage ist: Geht es um „Gesundheit“ oder um ein „gutes Leben“? Beide Begriffe sind abstrakt und werden individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen. Dazu kommt: Die Menschen fühlen sich von den Forderungen, die im Rahmen von Gesundheitskampagnen erhoben werden, oft bedrängt. Nicht jeder Mensch ist ein „Disziplin-Junkie“ und nicht für jeden ist die gesunde Lebensführung ein vorrangiges Ziel im Alltag. Also geht es eher darum, wie man Menschen dazu bringen kann, einen einigermaßen gesunden Lebensstil zu führen und sich gut dabei zu fühlen. Was möglich ist: individuelle Gesundheitsziele definieren und dann den Menschen dabei helfen, diese Ziele zu erreichen.

Aufnahmefähigkeit der Medienkonsumenten anerkennen
Wolfgang Schiefer

Wir neigen dazu, die Aufnahmefähigkeit der Medienkonsumenten zu überschätzen. Der durchschnittliche Seher von Nachrichtensendungen im Fernsehen nimmt maximal zehn Prozent der Information auf. Am ehesten bleibt hängen, was emotional aufgeladen ist. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Sprache: Viele Menschen können komplexen Texten nicht folgen und die Inhalte nicht erfassen. Die Austria Presse Agentur (APA) bietet aus diesem Grund sogar ein eigenes Nachrichten-Service in leicht verständlicher Sprache an, damit auch Bevölkerungsgruppen Zugang zu Nachrichten bekommen, die Informationen sonst schwer oder gar nicht erhalten. Das ist bei medizinischen Themen in besonderem Maß zu berücksichtigen.

Mediale Kommunikation versus Arzt-Patienten-Gespräch
Falko Mätzler

Das Arzt-Patienten-Gespräch ist aus Sicht der Kommunikation eine privilegierte Situation. Der Arzt hat viele Informationen über sein Gegenüber, er kann die Möglichkeiten der nonverbalen Kommunikation nutzen und bekommt unmittelbares Feedback. Wenn die Arzt-Patienten-Interaktion gelingt, dann ist die Power gewaltig. Nachteil: Es gibt nur einen Empfänger.

In der medialen Kommunikation herrschen völlig andere Bedingungen: Ich erreiche potenziell sehr viele Menschen, aber die Empfänger sind heterogen und schlechter charakterisierbar. Außerdem stehe ich mit vielen anderen Kommunikatoren im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Zielgruppe. Deswegen muss ich in der medialen Kommunikation anders arbeiten als im direkten Gespräch. Ich muss die Botschaft schärfen, damit sie Aufmerksamkeit erregt. Und ich muss die Informationen so aufbereiten, dass sie von einer typisierten Zielgruppe verstanden, als relevant erachtet und akzeptiert wird.

Wie eine integrierte Kampagne zur Diabetesprävention aussehen könnte
Mag. Wolfgang Maierhofer

Die Arzt-Patienten-Beziehung lebt davon, dass sich die Kommunikationspartner kennen und bis zu einem bestimmten Punkt einander verbunden fühlen und dass eine gute Vertrauensbasis besteht. Der Arzt kann auf die konkrete Situation des Patienten Bezug nehmen und seine Botschaft so präsentieren, dass sie für den Patienten relevant ist. Einige Mechanismen, die im 1-to-1-Coaching erfolgreich sind, sind durch die heutigen technischen Möglichkeiten auf die mediale Kommunikation übertragbar. Beispielsweise können wir im Rahmen von Social-Media-Kampagnen Zielgruppen charakterisieren und Informationen gezielt übermitteln. Damit kann man zwar nicht Millionen Menschen erreichen, aber doch das Verhalten einer definierten Gruppe von Menschen beeinflussen – das haben die Wahlkampagnen der letzten Jahre gezeigt. Eine integrierte Awareness-Kampagne zur Prävention lebensstilassoziierter Erkrankungen sollte daher die neuen Tools der digitalen Kommunikation ebenso nutzen wie den klassischen Medienmix und die Möglichkeiten der direkten Kommunikation und jeden Kanal so einsetzen, dass er der Strategie am besten dient:

  • Informationen und „Gesprächsschulung“ (Gesprächsstrategien, Argumente, Gesprächsunterlagen etc. ) für Ärzte und Apotheker sollen bei jeder Kampagne einen zentralen Punkt darstellen, um diese für die Sache zu gewinnen. Aus dem Bereich der Impfvorsorge ist bekannt, dass die Durchimpfungsrate sehr stark mit der Impfaffinität der Ärzte korreliert.
  • Tools zur digitalen Nachbetreuung, z. B. in Form von personalisierten E-Mails für die Kommunikation zwischen Arzt und Patienten zwischen den Ordinations- bzw. Ambulanzbesuchen, sorgen für nachhaltige Wirkung.
  • Besonderes Augenmerk in der Kommunikation zwischen Arzt und Patient ist darauf zu legen, dass die Maßnahmen leicht in den Workflow der Ärzte integrierbar sind, z. B. indem Patienteninformationen direkt in der Software hinterlegt werden.
  • Bei Awareness-Kampagnen, die auf eine Lebensstilmodifikation abzielen, ist es besonders wichtig, nicht belehrend, sondern freud- und genussvolle Hilfestellung zu bieten, die sofort umgesetzt werden können. Kleine Schritte bewegen hier wesentlich mehr als große Vorhaben.


Wie kann man größere Bevölkerungsgruppen ansprechen?

Doris Prodinger

Es gibt Statistiken, wonach 3,4 Mio. Menschen in Österreich mit Diabetes leben oder gefährdet sind, an Diabetes zu erkranken – das ist fast die Hälfte der Bevölkerung. Wenn man bei so vielen Menschen eine Verhaltensänderung bewirken will, muss man bei kleinen Dingen ansetzen. Was können die Menschen konkret machen? Was ist realistisch? Es gab in der Vergangenheit schon Kampagnen, die an die Bevölkerung als Ganzes gerichtet waren. Wir können dann erfolgreich sein, wenn wir an das Gemeinschaftsgefühl appellieren und ein größeres Ziel vorgeben. Ein Beispiel für konkretes Projekt, mit dem man vielleicht doch größere Bevölkerungsgruppen adressieren könnte: Man könnte die Österreicherinnen und Österreicher dazu aufrufen, „zusammen ein Mal um die Welt zu gehen“. Es geht nach außen also gar nicht darum, Diabeteserkrankungen zu vermeiden, sondern den Menschen die Gelegenheit zu geben, als Teil einer Bewegung etwas zu erreichen und stolz darauf zu sein. Wenn wir es schaffen, eine solche Bewegung ins Rollen zu bringen, können wir viel bewirken.

Ich stimme zu, dass es immer schwieriger wird, große Bewegungen zu initiieren, weil sich die Gesellschaft immer mehr segmentiert. Es sollte aber möglich sein, ein übergeordnetes Thema zu finden, das für viele Menschen attraktiv ist. Unter diesem Dach kann man einzelne Gruppen gezielt ansprechen. Damit das funktioniert, muss man eine Vision schaffen, die so stark ist, dass man viele Menschen mobilisieren kann. Und wir brauchen Personen, die die Vision verkörpern und vermitteln können.

Einige Schlussfolgerungen der Diskussion

  • Menschen aus unterschiedlichen Bereichen der Kommunikation – Werbebranche, Fernsehen, medizinische Fachkommunikation, Ärzte, Apotheker, Vertreter der Pharmaindustrie, Psychotherapie – bringen unterschiedliche Erfahrungen, Zugänge und Erwartungen mit.
  • Gesundheitskommunikation erfordert strategische Grundlagenarbeit mit klarer Definition und Priorisierung der Ziele und der Zielgruppen. An der klassischen Produktwerbung kann sie sich, wenn auch nicht bezogen auf Strategien und Budgets, so doch an der Professionalität der Planung und Umsetzung ein Beispiel nehmen.
  • „Gesundheit“ ist per se kein vermarktbares Produkt. Motivation zur Verhaltensänderung kann durch die Assoziation mit individuellen Werten der angesprochenen Personen erreicht werden.
  • Inhalt, Präsentation und Sprache sind an der Zielgruppe auszurichten. Die Botschaften müssen für Zielgruppe Relevanz besitzen; das setzt kognitives Verständnis, emotionale Bereitschaft (Motivation) und Möglichkeit der Umsetzung voraus.
  • Das durchschnittliche Aufnahmevermögen für Informationen und entsprechende Streuverluste von medialer Kommunikation sind in Betracht zu ziehen.

Zitate

„Ich nehme aus der Diskussion mit: Es gibt sehr viele Zielgruppen, die im Grunde mit ebenso vielen Botschaften adressiert werden sollten. Die kleinstmögliche Zielgruppe ist die einzelne Person, so gesehen stellt das Arzt-Patienten-Gespräch eine ideale Form der individualisierten Gesundheitskommunikation dar. Mediale Kommunikation kann natürlich niemals so individualisiert erfolgen, aber wir sollten versuchen, auf die vielfältigen Vorstellungen und Bedürfnisse der Menschen, die wir erreichen wollen, einzugehen.“
Univ.-Prof. Dr. Thomas C. Wascher, Hanusch-Krankenhaus, Wien; Präsident DIÖ

„Auch bei der zweiten Diskussionsrunde zu diesem Thema ist es uns nicht gelungen, eine einheitliche Strategie für eine Kommunikationskampagne für Menschen mit Diabetes oder hohem Diabetesrisiko zu entwickeln. Ganz offensichtlich gibt es sehr viele unterschiedliche Sichtweisen und Ausgangspositionen. Für mich persönlich habe ich aus der Diskussion mitgenommen, dass ich vor allem in der schriftlichen Kommunikation –  das heißt beim Verfassen von Artikeln – darauf achte, einfacher zu schreiben, die Argumentation langsamer zu entwickeln und weniger Information in die Texte zu verpacken. Und dass ich nicht so sehr die Inhalte, aber das Wording weniger medizinisch und patientenorientierter gestalte.“
Prim. Dr. Claudia Francesconi, Sonderkrankenanstalt Rehabilitationszentrum Alland; Generalsekretärin DIÖ

„Bewegung ist einer unserer zentralen therapeutischen Ansätze. Dass immer mehr Menschen nie wirklich eigene Erfahrung mit Bewegung gemacht haben, macht es schwieriger, die Bedeutung von Bewegung zu vermitteln.“
Prim. Dr. Christian Schelkshorn, Landesklinikum Stockerau-Korneuburg; Österreichische Diabetes Gesellschaft

„Im Kundengespräch in der Apotheke mache ich häufig die Erfahrung, dass es besser ist, mich weniger auf die reinen „Laborwerte“ zu konzentrieren und dafür mehr auf die „Lebenswerte“, also auf das, was den Menschen persönlich im Zuge einer Therapie wichtig ist. Ich versuche damit, dem Patienten nicht meine Vorstellungen überzustülpen, sondern nehme Rücksicht auf die Wünsche und Vorstellungen meines Gesprächspartners. Wir dürfen schließlich nicht auf den Menschen hinter der Krankheit vergessen!“
Mag. Karoline Sindelar

„Wir müssen den Menschen ein Lebensgefühl vermitteln, damit sie Lust bekommen, gesünder zu leben. Ich denke, dieser Ansatz der Konsumwerbung greift auch bei Gesundheitsthemen.“
Elisabeth Stipsits-Braunschmid, AstraZeneca Österreich, Wien

„Ich war erstaunt, dass Zuseher von Nachrichtensendungen so wenig Informationen aufnehmen. Es zeigt sich, dass wir primär das hören, was wir hören wollen. Das heißt, Menschen müssen einen Sinn darin sehen, zuzuhören. Darauf sollten wir uns konzentrieren: ein Umfeld schaffen, in dem die Menschen die Botschaft, dass ein gesünderes Leben ein besseres Leben ist, hören und aufnehmen.“
Dr. Michael Demel, Novo Nordisk Pharma, Wien

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Univ.-Prof. Dr. Thomas Wascher im Gespräch mit:

Mag. Wolfgang Maierhofer
Prim. Dr. Christian Schelkshorn